Desi Erfahrungsbericht

Ich bin von den Tierschutzengeln gebeten worden, einen Erfahrungsbericht zu schreiben. Deshalb möchte ich heute von Desi erzählen.

Die Homepage der Tierschutzengel und auch die Facebook-Posts lese ich regelmäßig, weil ich über die Jahre bereits 4 Hunde von dort adoptiert hatte. Vor etwas mehr als einem Jahr las ich auf Facebook, dass für eine Hündin eine Pflegestelle gesucht wurde, weil sie in der aktuellen Pflegestelle nicht zurecht kam. Sie hatte eine ungeheure Angst vor Männern und Desi hatte mehrfach vor Angst unter sich gemacht, wenn der Mann in der Wohnung staubsaugte oder Ähnliches. Deshalb wurde eine Pflegestelle gesucht, in der kein Mann lebt. Da mein Mann und ich uns vor einem Jahr getrennt hatten, habe ich geantwortet, ob ich vielleicht in Frage käme.

Man kannte mich ja bereits, meine Idee wurde begrüßt und so kam es, dass die Übergabe von Desi an mich verabredet wurde. Wir trafen uns etwa auf halber Strecke auf einem Parkplatz. Dort sah ich Desi zum ersten Mal live. Auf den ersten Blick war ich etwas erschrocken, denn Desi ist wirklich groß. Das war auf den Bildern so gar nicht erkennbar. Ich hatte bisher nur Hunde gehabt um die 45 cm Größe, doch Desi war deutlich größer. Sie hatte ziemliche Angst, aber irgendwann hat sie sich überreden lassen, in meinen Kofferraum zu springen. So kamen wir dann zu Hause an.

Mit meinen beiden vorhandenen Hündinnen und den Katzen vertrug sie sich von Anfang an. Es war, als sei sie immer schon da gewesen. Nun sind meine Mädels auch sehr verträglich und mein Kater liebt Hunde. Ihm war anfangs nur die Größe etwas befremdlich, doch das war nach ein paar Tagen auch vorbei. Desi floh sofort in ein Hundekörbchen, das unter einem Flipper steht. Das war so was wie eine Höhle, dort fühlte sie sich sicher. Ja, und das war es dann für die nächsten ca. drei Wochen. Wenn ich im Zimmer war, lag sie in diesem Körbchen und bewegte sich dort nicht weg. Sie verließ das Körbchen nur, wenn ich das Zimmer verließ. Sie ging auch nicht mit spazieren und ich habe das auch nicht erzwungen. Wenn ich mit den anderen beiden spazierenging, habe ich die Gartentüre geöffnet. Wenn ich zurückkam, sah ich daran, dass sie ihr Geschäft gemacht hatte, dass sie im Garten gewesen war.

Nachdem das etwa drei Wochen so gegangen war, ist mir etwas Furchtbares passiert, von dem ich gar nicht gern berichte, was aber wichtig ist, damit es anderen eben nicht passiert. Ich bin nachlässig geworden. Ich stand auf der Straße, war abgelenkt unter Anderem von einem Nachbarn und da stand Desi auf einmal auf der Straße (Spielstraße). Ich habe gedacht, mich trifft der Schlag. Sofort habe ich versucht, sie zu locken, doch sie sah nur den – männlichen – Nachbarn und lief los, die Straße hinunter. Sie trabte eher gemütlich, aber bei einem so großen Hund ist das schon sehr schnell. Ich schnappte mir eine Leine und lief hinterher. Mein erster Gedanke war: „Die sehe ich nie wieder“, der zweite „Von den Tierschutzengeln kriege ich nie wieder einen Hund“. Dann hatte ich keine Zeit mehr, zu denken. In der Ferne konnte ich sie immer wieder sehen und wenn ich sie nicht sah, wurde ich von Autofahrern weitergeleitet, die stehengeblieben waren, weil sie sie gesehen hatten. Überall in der Ferne sah ich Autos anhalten, die versuchten, sie einzufangen. Da einige davon männlich waren, war das eher kontraproduktiv, aber ich war zu weit weg. Auf einmal hielt eine Frau neben mir an und fragte, ob sie mich fahren solle, dann sei ich schneller. Diese Frau hat mich fast eine Stunde durch die Gegend gefahren. Inzwischen hatte mein Noch-Ehemann bereits die Polizei informiert, damit diese wissen, wo Desi herkommt, falls jemand sie einfangen sollte. Ich könnte jetzt noch lange darüber schreiben. Ich war 24 Stunden im Auto unterwegs. Manchmal rief die Polizei an und hatte sie gesehen. Bis ich dort war, war Desi schon wieder weg. Aber erst Freitag abend bekam ich die Meldung von der Feuerwehr, dass Desi mich dort erwarten würde. Einer einzelnen Dame, die mit einem ebenfalls schwarz-weißen Hund unterwegs war, war es mit viel Geduld gelungen, sie anzulocken und anzuleinen. Ich bin ihr so dankbar. Desi war etwas mehr als 24 Stunden weg und ich war unendlich erleichtert, dass ich sie jetzt wieder hatte und ihr nichts passiert war.

Von dem Moment an ging Desi dann mit spazieren. Das klappte auch wieder von Anfang an überraschend gut. Sie war einfach nur gehorsam – auch weil sie große Angst hatte. Sie war mit absoluter Sicherheit geschlagen worden, denn wenn ich ihr den Futternapf oder auch ein Leckerchen hin hielt, dann duckte sie den Kopf, drehte sich um und versteckte sich irgendwo. Welcher Hund flüchtet vor einem Leckerchen? Da muss ihr schon Schlimmes widerfahren sein.

Nach ca. acht Wochen stand Desi dann auf einmal mit den beiden anderen an der Türe, wenn ich nach Hause kam und liess sich dann auch kurz streicheln, bevor sie wieder im Körbchen verschwand. Von dem Moment an lief sie auch mal – wenn ich anwesend war – durch die Wohnung, ging mal Wasser trinken und wechselte nun auch mal in die anderen in der Wohnung befindlichen Körbchen.

Von da an wurde es immer besser. Heute kommt sie oft zum Schmusen, auch beim Spaziergang drückt sie sich oft an mich und will gekrabbelt werden. Sie läuft mir überall hinterher und stubst mir mit der Schnauze an den Po.

Heute kann ich auch nichts Essbares mehr liegen lassen, sonst klaut sie es vom Tisch. Sogar darauf bin ich stolz, denn es zeigt, dass sie keine Angst mehr vor mir hat. Sie weiß zwar, dass ich mal schimpfe, hat aber erkannt, dass ich sie darüber hinaus nie schlagen oder sonstwie bestrafen würde.

Sogar mein Mann, der öfter mal zu Besuch kommt, hat es inzwischen geschafft, ihre Zuneigung zu gewinnen, obwohl er ihr noch immer unheimlich ist, wenn er sich in der Wohnung bewegt.

Auf Frauen geht sie auch auf der Straße (Nachbarn) neugierig zu und hat die Angst verloren.

Leider habe ich vor ein paar Wochen erfahren, dass Desi Lungenkrebs hat. Ich hoffe, dass wir trotzdem noch ein paar schöne Monate zusammen haben. Ich hätte ihr so sehr noch ein paar weitere Jahre ohne Angst gegönnt. Es war ein Schottland-Urlaub geplant, wo ich jetzt nicht weiss, ob der noch stattfinden kann. Ob die weite Fahrt mit dem Auto nicht zu anstrengend ist. Wie auch immer, wir werden das Beste aus der ihr noch verbliebenen Zeit machen.